Wir leben Inklusion
Ziel der neuen Tagesstruktur Handwerk und Kunst ist es, die Themen Natur, Bewegung und Kultur bei den Klientinnen und Klienten stärker in den Fokus zu rücken und neue Interessen zu wecken.
Im Arbeitsbereich des Standorts Inwil geht alles seinen gewohnten Gang. Jedenfalls auf den ersten Blick. Schaut man vom Flur in die grossen Fenster der oberen Stockwerke, so kann man verschiedene Personen der Abteilung Handwerk und Kunst beobachten, wie sie fleissig ihrer Arbeit nachgehen. Eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag. Oder etwa doch nicht? geht man nämlich weiter in den ersten und zweiten Stock, so fällt auf, dass die meisten Ateliers leer sind. Wo sind die denn alle, fragt man sich? Na unterwegs!
Seit Anfang 2020 funktioniert die Abteilung Handwerk und Kunst als Tagesstruktur ohne Lohn. Die neue Ausrichtung der Abteilung hat verschiedene Auswirkungen auf den Betrieb. Eine davon ist, dass die Klientinnen und Klienten mehr Zeit erhalten, um Interessen nachzugehen und neue Dinge auszuprobieren. Das heisst nicht, dass keine Produkte mehr hergestellt werden. Die Präsenzzeit kann aber individueller auf die verschiedenen Bedürfnisse abgestimmt werden. Anstelle eines Lohns wird den Klientinnen und Klienten ein monatlicher Betrag als Anerkennung für die Herstellung von Produkten ausbezahlt. Mit der neuen Ausgestaltung erhalten wichtige Themen, wie Teilhabe und Befähigung sowie Begegnung mit der Gesellschaft mehr Gewicht und können besser in den Alltag integriert werden.
Für die Ausgestaltung des neuen Angebots haben sich die Fachpersonen zusammengesetzt und sich überlegt, wie sie die Themen Natur, Kultur und Bewegung im Alltag ergänzen könnten. Die gesammelten Ideen wurden in einer Pilotphase von August bis Dezember 2020 gemeinsam mit den Klientinnen und Klienten getestet, ausgewertet und angepasst.
"Yoga mit Musik gefällt mir. Unsere Yoga-Lehrerin macht das sehr gut."
(Rita Meier, Klientin)
Die Klientinnen und Klienten hatten die Möglichkeit, die verschiedenen Angebote auszuprobieren. Die Pandemie erschwerte diesen Prozess. Museen waren geschlossen und die Einhaltung der Schutzkonzepte stellte die Abteilung Handwerk und Kunst immer wieder vor Herausforderungen. dennoch konnten die Wünsche und Erwartungen der Klientinnen und Klienten einbezogen und weitgehend umgesetzt werden.
Im neuen Handwerk und Kunst gibt es nebst den Produktionsaufgaben in den Ateliers verschiedene Angebote zu entdecken. Theater, Yoga oder Gartenarbeit sind nur einige davon. Hört man sich in den verschiedenen Ateliers um, so stösst die neue Ausgestaltung auf viel positives Echo. "Die neue Struktur bringt viel Abwechslung in den Alltag der Klientinnen und Klienten und es ist schön zu sehen, wie alle gerne ins Atelier kommen", findet Betreuungsperson Elke Franz. Auch Klientin Rita Meier ist zufrieden mit dem neuen Handwerk und Kunst: "Yoga mit Musik gefällt mir sehr. Unsere Yoga-Lehrerin macht dies sehr gut. Auch die Arbeit im Garten mache ich gerne. Am liebsten mag ich aber die Fahrt mit dem Bus ins Lassalle-Haus." Klientin Inge Melliger ist begeistert vom Theaterangebot: "Im Theater kann ich Töff fahren, schimpfen, Polizistin spielen, anschleichen, Ball spielen und Videos machen." Klientin Lejla Bejrektarovic fühlt sich durch das neue Angebot "Fit und Frei", wie sie sagt. Sie geht ins Schwimmen, nimmt am Gartenangebot teil und ist in der Natur unterwegs. Arbeitsagoge Serkan Dokuzuoglu nickt zustimmend. "Für mich sind die neuen Angebote auch eine Bereicherung. Die Arbeit ist sehr vielfältig und ich komme mehr in Kontakt mit unterschiedlichen Menschen."
Bringt die Struktur denn auch neue Herausforderungen mit sich? "Die Pilotphase war schon etwas chaotisch", erinnert sich Betreuungsperson Suzana Meyer. Mittlerweile habe sich der Betrieb aber sehr gut eingependelt. "Der Aufbau der verschiedenen Angebote war sehr intensiv und durch die neue Struktur bleibt man Abends oft auch einmal etwas länger", fügt Serkan hinzu. Trotzdem möchte er den neuen Alltag nicht mehr missen. "Wir kommen unterwegs mit so vielen Leuten in Kontakt und lernen neue Dinge kennen. Für mich ist das gelebte Inklusion und es ist schön, dass wir dies machen dürfen."